Das Gewaltmonopol und die Paragraphen 32 – 35 StGB & Artikel 20, Absatz 4 GG

Das Gewaltmonopol des Staates ist das eine. Da das Gewaltmonopol meist nicht anwesend ist, wenn unrechtmäßig Gewalt ausgeübt wird (aka „Verbrechen“), haben die Gesetzgeber die Paragraphen 32 – 35 ins deutsche Strafgesetzbuch geschrieben.

Diese Ausnahmen vom Gewaltmonopol des Staates stehen in einer Notlage jedem Bürger offen. Sie gelten nur dann, wenn der Staat sein Gewaltmonopol nicht wahrnehmen kann – d.h. wenn z.B. die Polizei nicht anwesend ist um ein Verbrechen zu verhindern. Es handelt sich bei den Notwehrparagraphen also nicht um Selbstjustiz (etwas, was Waffengegner und Journalisten – fälschlich – oft behaupten), sondern um ein Recht zur Selbsthilfe (das sich auch aus den allgemeinen Menschenrechten ableiten lässt, die eine der Säulen des Grundgesetzes sind). Denn: „Das Recht braucht dem Unrecht nicht zu weichen“.

Gleichzeitig nehmen die Gesetzgeber aber dem Bürger die meisten legalen und so gut wie alle effektiven Möglichkeiten, sich gegen ungesetzliche Übergriffe zu verteidigen.

“A right to self defense and a ban on guns is like freedom of press and a ban on paper.”

Außerdem: Wenn z.B. der Staat sein Macht- und Gewaltmonopol missbraucht, dann hat der Bürger zwar das Recht sich dagegen zu wehren (Art. 20 GG, Abs. 4) – wird dafür aber trotzdem verurteilt und bestraft. Denn, wer stellt fest, ob der Bürger rechtmäßig im Sinne des Art. 20 GG gehandelt hat? Das beurteilen die Gerichte und Richter … und die sind alles andere als frei. Die Politik (und nicht nur die) nimmt oft Einfluss auf die angeblich so unabhängigen Gerichte. Staatsanwälte sind weisungsgebunden und da Staatsanwälte und Richter turnusmäßig die Rollen tauschen (zumindest in Bayern ist das der Fall), kann man davon ausgehen, dass man nicht auf ein unparteiisches, verständnisvolles Gericht treffen wird, wenn man den Art.20/4 geltend machen will.

Dazu muss man nur mal konsequent weiterdenken, was passieren würde, wenn ein Gericht einen Fall nach Art.20/4 positiv beurteilt. Die meisten Politiker würden das Gefühl haben, man habe die Jagdsaison auf sie eröffnet – manche hätten sogar Recht mit dieser Annahme. Einzelne Bürger würden sich also mangels Alternative (z.B. die Möglichkeit der Abwahl missliebiger Politiker) bemüßigt fühlen, diverse „Demokratieabschaffer“ – oder das, was sie dafür halten – gewaltsam auszuknipsen. Also kann und wird es niemals einen Fall geben, in dem der Art.20/4 geltend gemacht werden kann. Selbst wenn die Beweise für jeden Menschen offensichtlich wären.

Diese, durch die Notstandsgesetze ’68 eingeführte, „Erlaubnis zum Aufstand“ ist also nichts weiter als ein Papiertiger, der vom Bürger niemals in Anspruch genommen werden kann.

Tatsache ist also, daß man als Bürger keinen Selbstschutz gegen den Staat betreiben kann und der Selbstschutz bei Verbrechen recht eingeschränkt ist. Noch dazu werden die §§ 32-35 StGB vor Gericht oft sehr restriktiv ausgelegt, so dass man bei der Anwendung von Notwehr und Nothilfe immer mit einem Bein im Gefängnis steht – selbst wenn keine Schusswaffe im Spiel ist.

Trotzdem ist das deutsche Notwehrrecht eines der besten, das man in einer Demokratie kriegen kann. Als Brite darf man sich nicht einmal gegen Übergriffe durch Verbrecher wehren. Wird der Verbrecher durch das Opfer verletzt, bekommt dieser vor Gericht das Recht auf Schmerzensgeld und Schadensersatz zugesprochen. Das soll jetzt zwar geprüft werden, aber durch die restriktiven Waffengesetze in GB, die sogar das mitführen eines angespitzten Bleistiftes verbieten, wird sich an der Lage dort nicht viel ändern.

Ungeachtet der Tatsache, daß das Verbrechen in Deuschland langsam aber stetig zurückgeht (ersichtlich aus den Statistiken des BKA), haben wir das Problem, daß die Taten immer frecher und oft auch gewalttätiger werden. Weiterhin haben wir das Problem, daß die Polizei in sozialen Brennpunkten auf dem Rückzug ist und gegen das organisierte Verbrechen (das sich in Deutschland bestens eingerichtet hat) kaum einen Stich macht.

Deshalb ist es durchaus sinnvoll, für ein freiheitliches und liberales Waffenrecht zu plädieren. In anderen europäischen Ländern (Österreich, Schweiz und vor allem Tschechien) funktioniert das ja auch.

Disclaimer: IANAL – das wurde mir erklärt, von jemandem, der sich damit auskennt. Wer Korrekturen und Kritik zu dem Artikel anbringen möchte, kann gerne die Kommentarfunktion nutzen.

<edit 2014:04:30> Juristischer Kommentar zum § 32
http://www.recht-in.de/kommentar/_notwehr_paragraph_32_stgb_strafgesetzbuch_kommentar_33.html

7 Kommentare zu „Das Gewaltmonopol und die Paragraphen 32 – 35 StGB & Artikel 20, Absatz 4 GG“

  1. Gewaltmonopol und Notwehr werden häufig in einem Atemzug genannt, sind allerdings 2 völlig unterschiedliche Dinge, die man klar voneinander abgrenzen muss.
    Zunächst bildet das Volk den Staat, was im Umkehrschluss bereits hier bedeutet:“Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus.“ Siehe Art. 20GG.
    Gewaltmonopol bedeutet in dieser Konsequenz, die Schaffung und den Unterhalt von Exekutiven. Deshalb werden Einrichtungen wie Polizei im Zuge der Gewaltenteilung durch öffentliche Gelder finanziert. Ein Polizist „darf“ mit „Gewalt“ Wohnungen durchsuchen, sobald der juristische Rahmen korrekt ist. Er „darf“ richterliche Anweisungen gewaltsam durchsetzen.

    Etwas völlig Anderes ist das Notwehrrecht, welches tatsächlich vollumfänglich jedermann zusteht. Während sich der Polzist per Beamtenrecht hier oftmals in der Pflicht sieht, spricht dieser Umstand dem Nichtbeamten Mitmenschen keinesfalls das Recht ab. Auch Polizeibeamte führen ihre Schusswaffen im Zuge der Notstandsparagraphen.

    1. Das liegt daran das die Mehrheit der Bevölkerung schlicht zu blöd ist „unmittelbaren Zwang“ und „hoheitliches Handeln“ durch beliehene Personen und Institutionen von den Notwehr etc. Handlungen von Zivilisten zu trennen.
      Was eine Person mit Garantenstellung ist, bleibt auch weithin unbekannt.

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